Gemeinsam mit ÖVP Familiensprecher im Parlament Norbert Sieber habe ich Zsófia Nagy-Vargha, die ungarische stv. Staatssekretärin für Familie, ins Parlament zu einem Austausch mit Abgeordneten und Familienexperten eingeladen. Ich denke unsere Länder können bei Familienmaßnahmen sehr gut voneinander lernen. Wir brauchen starke Familien!
Hier eine Zusammenfassung der ungarischen Familienpolitik.
Anstatt auf Zuwanderung zu setzen, will Ungarn die demografische Entwicklung umkehren, indem man sich auf interne Faktoren konzentriert. Die Bevölkerung Ungarns ist seit 1981 stetig gesunken, während alle Untersuchungen zeigen, dass junge Menschen im Durchschnitt zwei Kinder bekommen möchten. Es wird daran gearbeitet, die Hindernisse, die dem Kinderwunsch entgegenstehen, abzubauen und so jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Familienpläne zu verwirklichen.
Der Schutz von Familie und Kindern ist im Grundgesetz verankert; ein erheblicher Teil der Familienleistungen kann bereits ab dem fetalen Alter in Anspruch genommen werden.
Die primäre Rechtsquelle des Landes hält folgendes fest:
“Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und Menschenwürde. Das ungeborene Leben muss deshalb von der Empfängnis an geschützt werden.“
„Ungarn schützt die Institution der Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau sowie die Familie als Grundlage für das Überleben der Nation. Die Grundlage der familiären Beziehung ist die Ehe und die Eltern-Kind-Beziehung. Die Mutter ist eine Frau, der Vater ist ein Mann.“
Das Ziel ist, dass Eltern für ihre Kinder leben können und nicht an ihren Kindern verdienen. Die Familienförderung, vor allem im Zusammenhang mit der Arbeit, steht in direktem Verhältnis zur Zahl der Kinder, die gewünscht werden. Im Jahr 2023 wird mehr als dreieinhalb Mal so viel für die Unterstützung von Familien ausgegeben wie im Jahr 2010. Der Anteil der erwerbsbezogenen Familienbeihilfen und -leistungen ist von 24 % auf 74 % im Jahr 2023 gestiegen. Seit 2010 haben sich die Staatsausgaben für Familien auf 5,2% des BIP verdreifacht. In Österreich beliefen sich die Ausgaben im Jahr 2019 auf rd 2,5%
Performance
- Demographisch ist die Geburtenrate von 1,23 im Jahr 2011 auf 1,52 im Jahr 2022 gestiegen. In Österreich ging sie im gleichen Zeitraum von 1,44 auf 1,41 zurück.
- Die Zahl der Eheschließungen ist von 36.000 Paaren im Jahr 2010 auf 64.000 Paare im Jahr 2022 gestiegen
- Die Zahl der Scheidungen ist auf dem niedrigsten Stand seit sechs Jahrzehnten. Es gibt immer weniger Scheidungen, wenn es Kinder in der Familie gibt..
- Die Zahl der Abtreibung ging ohne Einschränkungen des Zugangs durch familienfördernde Maßnahmen von rd 40.000 im Jahr 2010 auf 21.800 im Jahr 2022 zurück
Einzelne familienpolitische Maßnahmen
- Steuererleichterungen
- Dank der familienbezogenen Besteuerung zahlt eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen und drei Kindern im Wesentlichen keine Einkommensteuer
- Mütter mit vier oder mehr Kindern müssen lebenslang keine Einkommenssteuer mehr entrichten.
- Menschen unter 25 Jahren sind von der Einkommensteuer befreit
- Mütter, die ihr Kind vor ihrem 30. Geburtstag zur Welt bringen, sind von der Einkommensteuer befreit, bis sie 30 Jahre alt sind.
- Babydarlehen: Zur Eheschließung erhalten Paare einen zinsfreien Kredit von 25.900 Euro. Beim zweiten Kind sinkt der zu tilgende Beitrag um 30%. Mit dem dritten Kind erlischt die Schuld.
- Besondere Unterstützungen für Adoptiveltern.
- Familien mit min. drei Kindern erhalten beim Kauf einen siebensitzigen Autos einen Zuschuss von 7.200 Euro
- Familien mit drei Kindern erhalten für den Bau oder Erwerbs eines Hauses einer Wohnung einen Zuschuss von 28.000 Euro. Darüber hinaus haben Familien einen Anspruch auf einen Wohnkredit mit staatlich finanzierten Zinszuschuss bis 42.000 Euro.
- Bedarf es der Renovierung oder Modernisierung eines Eigenheimes einer Familie mit Kind oder Kindern, übernimmt der Staat die Hälfte der anfallenden Kosten bis zu 9.000 Euro.
- Betreuungsgeld für Neugeborene: Mütter erhalten für die Dauer der Elternzeit, also für 168 Tage, 100 % des Bruttogehaltes. Dadurch „verdienen“ sie mehr Geld als bei der Arbeit zuvor, da keine Sozialabgaben in Höhe von 18,5 % geleistet werden müssen, sondern lediglich die Einkommenssteuer (15 % Flat Tax) anfällt.
- Kinderbetreuungsgeld: An das Betreuungsgeld für Neugeborene schließt das Kinderbetreuungsgeld an. Dieses beträgt 70 % des Bruttogehalts, jedoch maximal zwei Mal 70 % des Mindestlohns (280.000 Forint, etwa 750 Euro), und wird bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes gezahlt.
- Beide Leistungen werden bei der Rückkehr der Mutter ins Berufsleben zusätzlich zum Gehalt ausbezahlt.
- Großelterngeld: Großeltern, die noch nicht im Ruhestand sind, können Kinderbetreuungsgeld beantragen, insofern sie bei der Erziehung der Kleinkinder helfen. Damit kann Eltern mit bis zu zweijährigen Kindern die frühe Rückkehr ins Berufsleben erleichtert werden.
- Für Kinder ab 3 Jahren besteht ein Rechtsanspruch auf einen Platz im Kindergarten. Auf Kinderkrippenplätze gibt es diesen zwar nicht, jedoch sind genügend Kapazitäten vorhanden.
- In den Staatsbahnen erhält man, wenn man mit mindestens drei seiner Kinder reist, einen Großfamilienrabatt von 90 % des herkömmlichen Fahrtpreises. Fährt mindestens ein Kind mit, können die Eltern 33 % Familienermäßigung beim Kauf eines Eisenbahntickets in Anspruch nehmen.